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Wir sitzen fest!

Wir sitzen fest

Und das, obwohl die Karten eigenartigerweise sehr genau sind. In einem Fluss muss man nämlich immer mit neuen Sandablagerungen und damit neuen Untiefen rechnen.

Aber mal wieder von Anfang an…

Wir waren am Freitag Morgen noch im Dunkeln kurz vor Banjul, als mir für den Tag zum ersten Mal mein Herz in die Hose rutschte. Es kamen nämlich 3 Schnellboote mit einem Affenzahn auf uns zugerast. Kurz vor mir machten sie ihre Scheinwerfer an, und ich wurde in gleißendes, weißes Licht getaucht. Sofort dachte ich an meine Positionsleuchten, die wegen eines Wackelkontaktes immer wieder an und aus gingen. Wie hoch wird das Bußgeld werden, schoss es mir in den Kopf. Ich kannte die gierige Art der Offiziellen (Polizei, Militär, Zoll) von meiner Trans-Afrika-Tour mit dem Motorrad. Aber dann machten sie sich wieder so schnell, wie sie gekommen waren, vom Acker ohne auch nur ein Wort mit mir zu sprechen.
Berhard hatte von all dem nichts mitbekommen, er hatte noch Freiwache und schlief.
Dann dämmerte es langsam, und wir kamen in die Nähe der Stadt. Was für ein glückliches Timing…

Wir mussten die Seekarte sehr genau beachten, denn dort waren zahlreiche Untiefen verzeichnet. Einmal ging es so dicht an den Strand, dass mir mein Herz zum 2. Mal in die Hose rutschte. Aber alles ging gut.

Wir fuhren langsam unter Segeln an den Hafenanlagen vorbei und suchten uns einen Ankerplatz. Eigentlich haben wir mit mehreren Seglern gerechnet, die hier liegen könnten, aber das war nicht so. Kurz vor dem Platz, der uns zum Ankern günstig erschien, überholte uns eine Schweizer Segelyacht unter Motor. Und siehe da, ich kannte die Beiden. Es waren ein deutsch- schweizerisches Seglerpaar, dass Nela und ich schon in der Türkei kennengelernt hatten.
Wir wollten uns also an die beiden ranhängen. Vielleicht kannten sie ja den Weg. Wir bargen die Segel und ich wollte den Motor starten. Aber siehe da: zum 3. mal Herz in Hose. Der Motor startete nicht. Es ließ sich noch nicht mal die Zündung einschalten. Und plötzlich ging sie von alleine an… Ich wollte nun den Motor starten… aber als ich den Starter betätigte, ging die Zündung wieder aus. Nun kam Hektik auf. Ich guckte mir die Motorelektrik an, sah aber keinen offensichtlichen Kabelbruch oder abgefallenen Stecker. Da kam mir die Idee, dass das auch von einer leeren Batterie kommen könnte. Ich schaltete die Versorgerbatteriebank dazu und siehe da: Zündung sofort an und Motor konnte sofort gestartet werden.

Wir ankerten dann mit noch ca. 1 Meter Wasser unter dem Kiel in der Nähe eines Wracks, was noch etwas aus dem Wasser ragte. Als der Anker gut saß, funkten wir mit der Besatzung der Single Malt. Sie waren schon auf dem Gambia River gewesen und wollten hier nur noch etwas reparieren lassen.

Eddi gab uns viele sehr wertvolle Tips und rief sogar gleich einen Bekannten an, der uns bei der Einklarierung helfen könnte. Freitag ist nur ein halber Arbeitstag, und da war Eile angesagt, wenn wir das Wochenende nicht in Quarantäne auf dem Schiff verbringen wollten.

Die nächsten Abschnitte betreffen das Einklarieren und ich bin gebeten worden den Prozess genau zu beschreiben, wie ich ihn vorgefunden habe. Das soll den nächsten Seglern ein wenig helfen.

Vorab gesagt: Es klappte alles wie am Schnürchen und wir erledigten die Immigration ohne Geschenke abliefern zu müssen.
Beim Zoll, der an einer anderen versteckten Ecke des Hafens lag, kam ich nicht so glimpflich davon. Aber mit ein paar kleinen Geschenken (einen guten Kugelschreiber und ein Lenyard (dieses Halsband, an dem man ein Namensschild oder ein Schlüsselbund befestigen kann) waren sie auch schon zufrieden. Ich füllte 2 lange Fragebogen aus und benötigte noch die Photokopien meines und Bernhards Reisepasses.
Dann sollte uns ein Zöllner begleiten und unser Schiff auf Unerlaubtes untersuchen. Gegen ein kleines Entgeld (umgerechnet 15 Euro) ging er aber nur mit uns bis zum Steg nahm die Bezahlung dankbar entgegen und wir gingen die ca. 2 Kilometer wieder gemeinsam zurück, worauf ich meinen Stempel auf das Zolldokument bekam.
Jetzt ging es zum Hafenmeister. Dort musste ich wieder alle meine Papiere zeigen und zum wiederholten Male einen langen Fragebogen in doppelter Ausführung ausfüllen. Ich konnte dort auch für kleines Geld (etwas über 5 Euro) eine Gezeitentabelle des gesamten Flusses kaufen. Es ist nämlich sehr gut zu wissen, wie sich die Gezeiten mit zunehmendem Flusskilometern bezogen auf Banjul verändern. Am Ende des Flusses beträgt die Abweichung nämlich fast 20 Stunden.
Auch konnten wir beim Hafenmeister die Erlaubnis erwerben, den Fluss überhaupt zu befahren. Weitere 25 Euro wechselten den Besitzer, und es war 13:30. Die ersten Büromenschen gingen nach Hause ins Wochenende. Und ich war überglücklich so viel geschafft zu haben. Ohne die Hilfe dieses netten Menschen hätte ich Tage dafür gebraucht, besonders weil die Wege so weit und schwierig zu finden waren. Außerdem konnte ich auf dem Weg zwischen den Instanzen Geld tauschen und eine Sim- Karte für mein Telefon kaufen und eine Gastlandsflagge bestellen, die wir auf dem Markt für 5 Euo nähen ließen.
Wer also die Hilfe dieses freundlichen Menschen in Anspruch nehmen möchte, könnte die Telefonnummer 7472179 anrufen. Ich habe ihm für seine Dienste 15 Euro (600 Dalassis) gegeben, und er war zufrieden.

Ganz generell wurden wir hier sehr freundlich empfangen. Überall hört man: “How are you? “Und: “You are welcome! “Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Afrikaner in Deutschland so oft hört: „Wie geht es Ihnen? Herzlich willkommen in Deutschland!“

Wir waren dann auch schon ein wenig in der Stadt unterwegs. Na ja, keine Stadt zum Urlaub machen. Es ist sehr dreckig, staubig kaputt hier. In der Luft liegt der Geruch von verbranntem Müll. Aber wir wollten ja auch nicht lange hier bleiben. Heute morgen sollte es Fluß aufwärts nach Lamin Lodge gehen. Das sind nur ca. 5 Seemeilen, die wir unter Motor flussaufwärts fahren wollten. Die Seekarten sind ja so genau… na ja, immer kann man sich auch nicht darauf verlassen. Und so wurde es von flach auf gaanz flach und dann standen wir.

Aber wir haben die Zeit genutzt und ich habe das Ankerlicht und die Positionslaterne repariert. Bald kommt die Flut wieder und wir hoffen, dass wir dann wieder frei kommen. Mit unserem Twinkieler können wir ja ruhig trocken fallen. Da kippen wir nicht um, wie es mit einem tiefen Langkieler der Fall gewesen wäre.
Wir haben ja Zeit…

Ganz herzlich grüßt der Stephan

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