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Unser sizilianisches Leben

Stilleben.Licata – Seit einer Woche sind wir nun aus Berlin zurück. Licata lässt uns nicht los – besser gesagt: der Wind ist dermaßen gegen uns, dass wir einfach abwarten müssen und uns gedulden. Aus dem Golf von Lion bläst ein starker Mistral über Menorca, Sardinien bis nach Sizilien, wo wir die Ausläufer selbst im Hafen mit 25 bis 35 Knoten Wind spüren. Der Wind ist kalt, obwohl die Sonne eigentlich warm wäre. Deshalb ist es im Boot gerade am schönsten oder auch in der Stadt oder einem Café, deren Außenbestuhlung mit Plastikplanen gegen den Wind geschützt wird.
Wie schon in Kusadasi spaziere ich gerne durch Licata. Es ist keine touristische Stadt, hat keinen nennenswert schönen Strand. Deshalb ist sie auch völlig unbekannt. Es gibt keine Sehenswürdigkeiten wie in Catania, Syracus oder Palermo. Der Strand ist kaum zugänglich und wo es möglich ist, ist er alles andere als schön oder es befinden sich einige Bauruinen dort. Das Castello thront über der Stadt, aber das ist veschlossen. Die Kirchen bergen – außer den Reliquien des Heiligen San Angelo – keine Kunstschätze, im Gegenteil, es ist eine Sammlung von Bildern und Figuren ohne jeglichen Anspruch auf Stil. Alle Gebäude, aber wirklich fast alle, bröckeln. Die Fassaden sind zum Teil nicht mehr zu erkennen, die Balkone nicht mehr benutzbar. In den engen Gassen hängt die Wäsche auf den Balkonen, doch es wird nichts verschönert oder im Außenbereich geputzt. Müll liegt herum. Hier kann ich das Wort „authentisch“ gut anbringen. Denn die Stadt mit den etwas mehr als 30.000 Einwohner ist eine typische sizilianische Stadt. Am Abend spielen die Männer Karten in den Bars – interessant, nicht mal ein Getränk steht auf den Tischen (also kein Wein oder Bier, nicht mal ein Kaffee). Die Frauen bummeln schick aufgebrezelt durch die Gassen. Die Jugend trifft sich vor der Gelateria. Es gibt wenige gute Restaurants, einige Pizzerien. Nur eine Gasse fiel mir besonders ins Auge. Sie wurde mit Blumentöpfen begrünt und machte gleich einen viel freundlicheren Eindruck als die Parallelgassen (siehe Bilder). Warum gerade diese Straße so begrünt wurde, bekam ich leider trotz Nachfragen nicht heraus. Ich hätte mir hier gewünscht, dass ich Italienisch könnte. Leider halfen meine Spanischkenntnisse hier auch nicht weiter. Und Englisch sprechen hier auch recht wenige, genausowenig wie Deutsch.
Immer wieder bin ich auf der Suche nach gutem Gemüse. Außer den kleinen Straßenständen, von denen vom Auto verkauft wird, habe ich noch nichts gefunden. Dort kaufte ich gestern Tomaten, Barrachas (eine Mischung zwischen Gurke und Melone), eine richtige Schlangengurke, Zucchinis und eine sehr schmackkhafte Netzmelone und wurde noch in typischer sizilianischer Manie angemacht (ist also kein Vorurteil). „Du – schöne Frau“ sagte der Verkäufer, der mir gerade bis zur Brust ging. Und er schenkte mir eine Schlangengurke und wollte ein Geschenk zurück. Einen Kuss! – Schnell Jod und heißes Wasser … Ich ließ mich natürlich nicht darauf ein, freute mich aber so viel Gemüse für gerade mal 4 Euro bekommen zu haben. Beim Fischhändler kaufte ich noch ein Kilo Sardinen. Er schaufelte mir dann nochmals ein halbes Kilo rein – alles zum Preis von 3 Euro (ohne Frage nach einem „Geschenk“). Ich investierte dann nochmals eine Stunde in das Ausnehmen der Sardinen, aber es hat sich gelohnt. Von den Bootsnachbarn bekamen wir eine „Plancha“ – einen spanischen Elektrogrill ausgeliehen. Wir legten noch Zucchinis auf den Grill und Tomaten, dazu frisches Brot – es schmeckte herrlich!
So vertreiben wir unsere Zeit bis zum richtigen Wetterfenster. Stephan hat in den letzten Tagen noch einige Reparaturen und Nachkontrollen erledigt. Unsere Windfahnensteuerung hat nun noch bessere Rollen, die Fock funktioniert nun wieder einwandfrei mit neuem Unterliekstrecker und optimiertem Reffsystem. Unser Dieseltank ist wieder gefüllt. Die Wanten nachgespannt, Splinte, Schrauben und Muttern überprüft und ausgewechselt. Unser Schwanenhals nochmals überprüft, ob er richtig sitzt. Stephan stieg in den Mast und kontrollierte, ob auch dort oben alles gut gesichert ist. Es ist alles aufgeräumt und startklar für die nächste Etappe. So wie es im Moment aussieht, müssen wir uns noch eine ganze Woche gedulden, bis wir loskönnen. Bis zum 31. Mai haben wir die Marina ja auch gebucht. So ist das Warten gar nicht so schlimm. Zum ersten Mal seit der Türkei haben wir „Freizeit“, so blöd das klingt. Wir müssen nicht ständig am Boot etwas verbessern und können einfach mal schlafen, lesen, die Stadt kennenlernen, mit anderen Seglern sprechen und einfach mal die Seele baumeln lassen.
Es grüßt euch ganz herzlich
Nela und Stephan

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