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Sashimi zum Frühstück?

Der Thunfisch wird in essbare Portionen zerteilt.Addaya – Menorca – Balearen – Gerade als ich mich zur Freiwache um 21 Uhr hinlegen wollte, knarrte die Angelrolle. Stephan rief schon: „Nela komm schnell“ und schon begann er, die Angelschnur einzurollen. An unserem orangenen Tintenfischköder hing ein Fisch – ein relativ großer Fisch! Schnell mussten wir das Gaff suchen (ein großer Haken), mit dem wir den Fisch an Bord befördern konnten. Beherzt stach Stephan mit dem Gaff in die Kiemen und zog ihn an Bord. Überall verteilte sich das Blut des Fisches auf Deck und im Cockpit. Es ist ein weißer Thunfisch! Rund 60 cm lang und 10 kg schwer. Schnell etwas Spiritus in die Kiemen und dann gab Stephan dem Fisch den Stich ins Herz. Es fiel ihm sehr schwer, aber so ist das nun mal mit dem Anglerglück. Es ist sein erster Fisch, den er gefangen hat und dann so ein Kavenzmann. Zum Glück standen die Segel richtig und wir konnten uns ganz auf den Fischfang konzentrieren. Stephan schnitt Kopf und Schwanz ab, nahm ihn aus und beförderte den Fisch erst einmal in den Kühlschrank. Vielleicht gibt es Sashimi zum Frühstück? Im Moment stand uns der Sinn nicht danach, aber auch nicht am frühen Morgen und während wir segelten.
Als wir den Fisch angelten, waren wir gerade in der Mitte zwischen Sardinien und Menorca angelangt. Wir segelten insgesamt 200 Seemeilen, sprich 2 ½ Tage. Am Nachmittag kamen wir in Menorca, in einem kleinen Hafen mit Marina an. Es wurde als romantisches Dörfchen beschrieben, naja, es ist nett, aber eine Feriensiedlung der oberen Luxusklasse – sogar ein Haus mit Anlegesteg kann man hier mieten! Dafür ist die Bucht sehr geschützt, wir ankern vor der kleinen Marina, um uns herum ist es grün und die Vögel zwitschern. Was für ein Unterschied zu Italien mit dem grellen Licht, der Hitze und dem Schwalbengezirpe. Nun konnten wir unseren Fang zerlegen und das erste Thunfischfilet kam in die Pfanne, das zweite wurde an unsere französischen Nachbarn verschenkt. Es schmeckte fantastisch! Leider war ich so hundemüde, dass ich gleich in die Koje fiel und bis heute morgen um 8 Uhr durchschlief. Stephan klapperte noch lange in der Nacht mit den Töpfen, denn er machte den Thunfisch in Gläser ein. Heute morgen standen dann fünf wunderschöne Gläser mit eingemachtem Thunfisch auf dem Tisch. Für die nächste Zeit haben wir Thunfisch satt (wir haben auch noch eine große Tupperschüssel mit Thunfisch zum Braten und Verkochen) – und ich glaube, in nächster Zeit bekommt Stephan ein Angelverbot. Die Angelrolle wurde ja schon seit der Türkei herausgeholt, sobald wir auf See waren und hinter uns hergezogen. Das Anglerglück war nie mit uns. Hier gibt es also noch Fische – jetzt wissen wir es genau. Die Bilder im Anhang sind übrigens nicht für Kinder bestimmt, auch nicht für empfindliche Erwachsenenaugen. Auch uns ging es nicht gut dabei, den Fisch zu töten. Brauchen wir das, fragen wir uns? Oder können wir darauf verzichten? Für Fahrtensegler gehört ja das Fischen irgendwie mit dazu. Es geht den meisten Menchen ja so, dass sie sich keine Gedanken machen müssen,wie das Tier getötet wurde. Wir haben versucht den Fisch so schnell wie möglich zu töten, um ihm die Qualen zu ersparen. Im professionellen Fischfang ist das nicht so. Da werden die Fische mit Netzen an Deck gezogen und müssen qualvoll ersticken. Wenn man eine Dose Thunfisch aufmacht, denkt man an so was natürlich nicht. Dann muss man abwägen. Will man das und sieht darüber hinweg oder schmeckt mir Gemüse auch gut?
Nett ist auch die Geschichte, als wir anlegten: Wir waren gerade bei unserem Ankermanöver und steuerten auf eine „Yoghurtschüssel“ zu. Kunststoff- sprich GFK-Boote werden von den Fahrtenseglern etwas verächtlich Yoghurtschüsseln genannt. „Vous etez le Panzer division“ kam es aus dem anderen Boot, als wir ziemlich dicht auf ihn zusteuerten und doch sehr nahe kamen. Da kann ein Segler eines leichten Kunststoffbootes schon etwas Angst bekommen. Wir konnten ihn aber beruhigen, fuhren an ihm vorbei und liegen nun recht nett nebeneinander.
Heute Morgen besichtigten wir das Dorf. Nichts mit nettem alten Fischerdörfchen! Die Häuser sind schicke Villen, mit Swimmingpool, sehr gepflegte Gärten drumherum, der SLK steht in der Garage – bis jetzt ist noch nicht sehr viel los hier. Ab Mitte Juli soll es auf den Balearen aber richtig voll werden bis Ende August. Es gibt drei Restaurants und einen Supermarkt. Nach Mahon, der Hauptstadt von Menorca, sind es aber nur 25 Minuten mit dem Auto. So klein ist die Insel. Das heißt auch für uns, dass wir hier nur kleine Strecken segeln und dann wieder in die nächste Bucht einkehren können. Es wird in nächster Zeit also gemütlich bei uns werden.
Das ist auch gut so, denn ich brauche etwas Zeit. Ich bin noch nicht im Seglerleben angekommen wie Stephan. Die ständige Sorge um das Schiff, die Angst auf See bekomme ich nicht weg und die Unsicherheit bleibt. Viele schreiben mir, dass wir ja sehr glücklich sein müssen über unser ungezwungenes Leben. Das ist sicherlich wahr. Doch wie heißt es so schön: Jeder nimmt sein Innerstes auf die Reise mit. Es ist nicht so einfach, alles hinter sich zu lassen und sich zu verändern. Das geht manchmal nicht so schnell, vielleicht ist es auch unmöglich. Ich weiß es noch nicht, aber wir sprechen auch gerade davon, Pläne zu ändern. Denn wir müssen beide frei sein und dürfen uns nicht von Zwängen leiten lassen.
Heute Abend sind wir nochmals mit dem Bananaboot losgezogen. Erst rudern in das hintere Stück der Bucht, dann sind wir an Land gegangen. Dort waren wir im Nationalpark Es Grau. Wir sind bis zur Dämmerung um 20:30 Uhr gelaufen. Es war wunderschön. Vögel um uns rum. Wir genossen die verschiedenen Düfte – vom Kuhfladen bis zum wilden Fenchel, das was wir auf See nicht haben. Es war eine wundervolle Wanderung, die wir morgen fortsetzen wollen.
In diesem Sinne machen wir weiter und geniessen das Leben in und mit der Natur.
Es grüßt euch ganz herzlich
Nela und Stephan

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