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Kein Tag für Künstler

Eigentlich schäme ich mich für soviel Dummheit und wollte mein gestriges Erlebnis für mich behalten.
Aber Nela wird es sowieso erfahren, sobald ich den Mund aufmache oder lächle, und warum nicht auch zu seinen Fehlern stehen, die man so macht…


Ich fahre also gestern, nachdem sich der Wind gelegt hat, von meinem Ankerplatz los in Richtung Estero de las 1000 Cascadas. Der Weg dorthin war sehr schön. Noch sehr viel schöner wäre er zwar gewesen, wenn es nicht ständig geregnet hätte, aber wie wir ja nun alle wissen, kann man sich das Wetter nicht schnitzen.

Nach der Überquerung des Südost Seitenarmes des Beagle Kanales bog ich in den Fjord ein, an dessen Ende wieder ein Gletscher lag. Meine Navigationskarten, sowohl die im Plotter, als auch die im Ipad waren  nicht sehr genau, es waren auch keine Tiefenangaben mehr zu sehen.

Ich habe aber ein sehr gutes Pilot Book über diese Region mit Detailkarten der meisten Ankerbuchten.
Als ich mir die Detailkarte von meinem neuen Ankerplatz anguckte, konnte ich sie nicht recht deuten. Die stimmte ja nun überhaupt nicht mit dem überein, was ich sah.Aber ich fuhr weiter und hielt nach Kelp Ausschau. Häufig sind größere Kelpansammlungen ein gutes Zeichen für Untiefen.

Ich fuhr also langsam dem Gletscher entgegen, als es plötzlich einen tierischen Schlag tat, und das  Schiff stand. Ich saß. Hatte kurz vorher aber auch noch gestanden. Ich spürte Sand im Mund. Aber das war kein Sand, das waren klein gestückelte Zähne…Ich bin mit dem Mund an den kräftigen Alurahmen der Cockpitscheibe geknallt.

Es dauerte einen Moment bis ich begriff, was geschehen war. Na und dann saß ich erst mal fest. Umgeben von vielen großen Steinen, die dicht unter der Wasseroberfläche lagen.
Nun hatte ich Zeit, bis die Flut anstieg und mich etwas über die Steine heben konnte. Ich guckte noch mal in die Detailkarte. Und nun sah ich auch meinen Fehler. Die Detailkarte war direkt über der Beschreibung meiner Ankerbucht, bezog sich aber auf eine andere Caleta. Zu meiner Caleta gab es keine Detailkarte.
Dumm gelaufen. Nun weiß ich endlich auch, was eine „Moraine“ ist. Nämlich ein Geröllfeld.
Als ich dann wieder aus dem Steinfeld draußen war, habe ich mir den beschriebenen Ankerplatz gesucht, einen Schönwetterankerplatz. Ich kann hier keine Landleinen spannen, liege aber sehr dicht an Land auf 9 Meter Wassertiefe, direkt neben einem hübschen Wasserfall.

Da in der Nacht ein kräftiger Wind vorausgesagt war, schlief ich in voller Montur, sogar mit Stiefeln auf dem Boden im Salon. So könnte ich schnell abdüsen, wenn der Wind einsetzen und mich an die Felsen drücken wollte.
Aber der Wind kam glücklicherweise nicht. Dafür habe ich mein nasses Ölzeug in der Nacht mit meiner Körperwärme getrocknet. Und weil es nun wieder trocken ist, habe ich auch überhaupt keinen Bock, wieder in den Regen hinauszugehen und weiterzufahren.

Ich warte halt noch ein paar Stündchen, bis entweder der Wind kommt oder der Regen aufhört.
Wenn keine Sonne rauskommt, wird das Schiff auch nicht warm. Es sind immer noch 8°C im Salon. Schade, dass die Heizung nicht funktioniert. Heute würde ich sie gerne mal anschalten.

Ihr seht, die schönen Momente solch einer Reise muss man sich schon ganz schön hart erkaufen.
Aber allet wird jut! 🙂
Die Funkverbindung in den Caletas ist meist nicht möglich, darum kann ich nur funken, wenn ich auf dem Beagle Kanal bin.
Bis bald mal wieder, hoffentlich mit besseren Nachrichten.
Ganz herzlich grüßt der Stephan

Meine Position am 24.1.2017 um 10:00 Uhr:  55° 06′ S und 069° 53′ W

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