dies schreibe ich für Karl-Ernst aus Köln und die anderen lieben Menschen, die gerne an meinem Leben teilnehmen.
Es ist kurz vor Eins, mitten in der Nacht, und eigentlich gar nicht meine Zeit.
Normalerweise lebe ich, wenn ich auf dem Wasser bin, mit der Natur. Ich versuche, in der Zeit, in der es dunkel ist, zu schlafen oder zu ruhen und wenn es hell ist, mein Tagwerk zu erledigen. Nun ist es natürlich so, dass der Wind, um den es ja nun meist geht, mir nicht den Gefallen tut und sich meinem Lebensrythmus anpasst. Anders herum wird ein Schuh draus. Ich darf schlafen, wenn es der Wind zulässt und muss wach sein, wenn er mir zeigt, wie klein ich bin.
Aber heute ist es zur Zeit wieder ganz anders. Ich war heute auf einer Bahnfahrt von Morretes nach Cuirtiba. Das ist die Fahrt, von der Nela schon ein schönes Foto, das sie sicherlich im Internet gefunden hat, in unseren Blog gestellt hat. Nun hatte ich nicht so tolles Wetter, aber es war trotzdem recht schön. Für mich nicht so überwältigend, wie der Lonely Planet, der bekannte Reiseführer schreibt. Für Lonely Planet ist diese Fahrt das Größte von ganz Brasilien. Na ja, es gibt halt die Menschen, die sich gerne mit der Sänfte durch den Wald tragen lassen und die Menschen, die lieber selber laufen. Und ich gehören zu den Letzten. Mir persönlich hat die lange Wanderung mit Nela zu dem Papageienberg auf der Ilha Grande viel besser gefallen. Da mussten wir uns den atemberaubenden Ausblick hart erarbeiten und konnten ihn ganz anders genießen.
Auch gingen mir die vielen Menschen in meinem Abteil, die ständig mit diesen neumodischen Teleskopen Selfies von sich machten, ganz schön auf den Zünder. Nicht meine Welt.
Als ich dann in Curitiba ankam, hatte ich die Wahl zwischen in der Stadt zu bleiben und in einer Pension (Pousada) zu pennen oder nach Hause (aufs Boot) zu fahren. Nun ratet mal, was ich gemacht habe. Na klar, ich bin mit dem nächsten Bus nach Hause gefahren. Hab dann noch ein Bierchen in meiner mittlerweile Stammkneipe mit Wifi-Anschluss getrunken und bin anschließend zu meiner Chenoa gerudert.
Dort habe ich eine Gemüsesuppe mit kräftiger Fleischeinlage mit den Zutaten, die ich vormittags eingekauft hatte, gekocht.
Während des Kochens hatte ich die Gelegenheit, die Flasche Cashuwein aus Gambia auszutrinken, die sowieso kein Mensch außer mir trinken würde. Dazu habe ich schön laute Musik gemacht und vor mich hin getanzt, wenn es der Kochtopf zuließ. Ich habe also gespielt „Der mit dem Topf tanzt“. Das musikalische Thema heute war Cap Verden und Umgebung. Daran denke ich immer noch sehr gerne zurück.
Dass ich in so einer Hochstimmung bin, liegt nicht nur am Alkohol, sondern zum größten Teil an der Aussicht, morgen wieder abzudüsen. Bis Mittag muss ich mit einkaufen und tanken fertig sein. Denn dann sollte mich der Ebbstrom wieder in Richtung Meer treiben. Das ist immer ein schönes Geschenk, wenn der Strom mithilft.
In den nächsten 3 Tagen gibt es laut Wetterbericht immer mal wieder eine kräftige Brise, die ich gerne nutze, um in Richtung Süden zu segeln. Eventuell muss ich auch wieder kreuzen, aber egal, Hauptsache mal wieder Segeln.
Wenn der Wind einigermaßen mitspielt, wird das Ziel Uruguay heißen. Das wären dann allerdings noch so ca. 800 Seemeilen.
Um einen guten Wind zu bekommen, muss ich recht weit von der Küste wegsegeln, was mir sowieso wegen der vielen küstennah arbeitenden Fischer sehr gelegen kommt.
Wenn der Wellengang nicht zu doll ist, und ich etwas Zeit für`s Funken finde, werde ich mich wieder täglich mit einem kleinen Statusbericht melden.
Bis dahin, macht`s jut und genießt weiterhin den schönen Frühling in Deutschland und wo ihr sonst gerade seid.
Euer Stephan
2 Kommentare
Jörg
19. Mai 2016 um 16:23 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Hallo Stephan,
verfolge Deinen Blog schon lange, seit den Kapverden. Ich bin über die Seite von Wolfgang Schaar (Themroc) zu Dir gestoßen. Du machst gute Sachen! Habe das hoffentlich noch vor mir. Noch baue ich an meinem Schätzchen, einer Anton Luft Moana 38. Mal sehen… 🙂
Was macht Dein Mitsegler? Kommt Ihr gut miteinander aus? Du schreibst oft von Dir, obwohl Ihr ja jetzt zu zweit unterwegs seid.
Mir scheint, dass die richtige Partnerwahl das schwierigste an so einer Reise ist…. Auf der einen Seite will man nicht allein sein, auf der anderen Seite muss man sich auf engem Raum auf fremde Menschen einlassen / einstellen. Und das in unserer Zeit, wo jeder Individualist ist und sich um jeden Preis selbst verwirklichen will….
Wie dem auch sei, ich lese Deine Blog sehr gern und wünsche Dir, dass alles weiterhin so gut läuft wie bisher!
Viele Grüße
Jörg
Stephan
19. Mai 2016 um 20:05 (UTC 2) Link zu diesem Kommentar
Hallo Jörg,
danke für deinen Kommentar. Mein letzter Mitsegler war ja nur kurz an Bord. Aber das war von Anfang an so geplant.
Wenn das Wetter ruhig ist, kommt man ja auch alleine sehr gut klar. Mal sehen, wie es wird, wenn die See ruppig und der Wind kräftig wird. Dann wären ein zusätzliches Paar Hände sicherlich willkommen.
Ab Uruguay werde ich wahrscheinlich wieder einen Mitsegler oder Mitseglerin haben.
Dir wünsche ich viel Erfolg beim Bau deines „Schätzchens“.
Einen herzlichen Gruß von Stephan