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Atlantiküberquerung Tag 7

Auch diese Nacht hat keine wesentliche Wetterveränderung gebracht. Es ist nach wie vor schwach windig, aber die Wellen sind weniger hoch. Der Blister stand die ganze Nacht, aber die Windfahne muss permanent nachjustiert werden. Also immer was zu tun für den Wachhabenden. Vielleicht werdet ihr euch fragen, warum ich kaum Zeit zum Schreiben habe…

Ich bin eigentlich ständig damit beschäftigt, kleine Kontrollen oder Reparaturen an der Schiffstechnik zu machen. Da ist zum Beispiel eine Schraube an der Pinnenbefestigung locker geworden. Ich muss unter Deck gehen, um das Werkzeug aus der Werkzeugkiste zu holen. Schnell die Werkzeugkiste aus dem Schiebeschrank, in dem das obere Fach für die gesamte Bordliteratur und das untere Fach für Werkzeug ist. Auf die Schnelle die Werkzeugkiste auf der Ablage vor dem Schiebeschrank stehen lassen. Schnell raus, um die Pinne festzuziehen. Und schon macht es einen mörderischen Rums, als sich der Inhalt der Bordbibliothek aus dem Schrank auf den Boden rutscht. Die Werkzeugkiste gleich hinterher. Alle Deckel und Schachteln öffnen sich und ergießen sich über dem Boden bis ins Bad. Da entfährt mir dieses Wort, was Robert Redford als einziges Wort in seinem ganzen Film „All is lost“ gesagt hat: Fuck!!! Aber, liebe Kinder, das sage ich nur gaaanz selten. Nur wenn so ein Scheiß passiert: Und so mache ich mir zusätzliche Arbeit, die eigentlich gar nicht sein müsste.

Ganz besonders nervig ist der starke Seegang auch beim Kochen und Essen. Da stellste kurz mal den Teller ab, um die Windfahne zu korrigieren und schon fliegt der Teller runter auf den tiefsten Punkt des Cockpits. Aber da der Boden ja so schön sauber ist, und weil ich Hunger habe werden die festen Bestandteile aufgesammelt und gegessen. Die Soße ist aber unwiderbringlich in der Wasserablaufrinne verschwunden. Gestern zum Linner (eigene Kreation für Lunch plus Dinner) gab es die letzte Dorademahlzeit. Bernhard hat gekocht und er hat uns ein Fischcurry vom Feinsten gezaubert. Dafür habe ich ihn zum Chefsmutje ernannt. Von jetzt an darf er immer kochen. So richtig glücklich ist er aber nicht mit seiner Ernennung.

Wie weit sind wir mittlerweile gekommen? Auf dem direkten Wege wären es noch knappe 1000 Seemeilen, also je nach Wind so zwischen 2 und 3 Wochen noch. Heute haben wir überschlagen ein Etmal von ca. 110 Seemeilen gemacht. Leider nur ca. 70 Seemeilen dem Ziel näher gekommen. Zu essen und zu trinken haben wir noch genug. Heute werden wir zum Frühstück die letzte Tomate und die letzte Gurke essen. Dann haben wir an frischem Gemüse nur noch ein paar Kartoffeln, Süßkartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch. Dazu gibt es wieder Pfannenbrot, ein gekochtes Ei und je nach Gusto ein wenig Käse oder/und Marmelade. Wir werden so gegen 11:00 Uhr frühstücken (den Kaffee haben wir schon getrunken) und das sollte dann wieder bis ca. 18:00 Uhr zum Linner reichen. Und jetzt geht’s erst mal wieder ans Funkgerät, um den neuesten Wetterbericht herunterzuladen und euch diesen Blogbeitrag zu schicken.

Bis morgen inshallah

liebe Grüße vom Stephan

unsere Position: 10° 17 Nord und 024° 19 West

Anmerkung der Setzerin (die gab es immer in der taz und hat noch ihren Senf dazugegeben): Ich bin so froh, dass ich mit Stephan über E-Mail in Kontakt sein kann (nicht jeder, denn die Funke ist hochsensibel und darf nicht überlastet werden und es dürfen nur zugelassene Personen schreiben:-) Es ist gar nicht so einfach, seinen Mann auf hoher See zu wissen. Mir macht es jedenfalls immer wieder Sorge. Schön ist es aber, dass er auch Funkkontakt zu anderen hat und dass der Wind im Moment so bleibt, bzw. nur leicht zunimmt, aber stetig und schön aus Nord/Nordost. Das Schöne ist nämlich, dass ich außer einem Bussi natürlich auch Stephan immer die aktuellsten Windvorhersagen aus www.winditiy.com und www.windfinder.de schicken kann. So versuche ich ihn ein bisschen zu lotsen, dass er nicht vollkommen in das Flautengebiet um den Äquator herum hineinsegelt. Bald ist er nämlich am Äquator. Nur noch 10 Breitengrade!

Es grüßt herzlich

Nela

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